Gesundheit

Warum Männer schwächeres Immunsystem haben als Frauen

Frauen eine stärkere Immunantwort gegen Erreger als Männer. Das hat aber nicht unbedingt nur Vorteile. Eine Immunologe erklärt.

Sabine Primes
Männer sind das schwächere Geschlecht – zumindest was die Immunabwehr angeht.
Männer sind das schwächere Geschlecht – zumindest was die Immunabwehr angeht.
Getty Images

Frauen sind stark. Nicht nur, was das tägliche Leben angeht, sondern auch in Bezug auf ihre körperlichen Abwehrkräfte. Egal ob Durchfall oder Erkältung – das weibliche Immunsystem ist besser aufgestellt als das der männlichen Kollegen. Warum das so ist, erklärt Immunologe Marcus Altfeld in der "Süddeutschen Zeitung".

Hormone

Da die Geschlechtshormone haben einen großen Einfluss auf die Abwehrkräfte, so Altfeld. Somit ist das Immunsystem keineswegs geschlechtsneutral. Die weiblichen Geschlechtshormone (Östrogene) stärken die Funktion der Immunzellen. Im Gegensatz dazu könne das männliche Geschlechtshormon (Testosteron) die Funktion der Immunzellen unterdrücken und reduzieren. Schon in der Embryonalphase schütten Buben und Mädchen unterschiedliche Hormone aus, weshalb bereits Neugeborene eine unterschiedliche Immunantwort je nach Geschlecht zeigen.

Chromosomen

Zweitens wirken auch Chromosomen auf die Immunabwehr. Wie Altfeld erklärt, sind Mediziner lange zeit davon ausgegangen, dass das zweite X-Chromosom keine Funktion habe – doch dem ist nicht so. Mittlerweile sei klar, dass bei weiblichen Zellen auch die Gene das zweite X-Chromosom abgelesen und in Eiweiße (Proteine) umgewandelt werden – und zwar in einem höheren Maß als bei männlichen Zellen. Unter den Genen befinden sich demnach auch jene, die die Immunantwort regulieren.

Menschen haben 46 Chromosomen. Bei Frauen sind zwei davon X-Chromosomen. Männer haben dagegen ein X- und ein Y-Chromosom. Die Eizellen einer Frau haben 23 Chromosomen, darunter ein X-Chromosom. Spermienzellen haben auch 23 Chromosomen, davon eines entweder ein X- oder ein Y-Chromosom. Das Geschlecht des Kindes wird bestimmt durch das Geschlechtschromosom, das die eindringende Spermienzelle mitbringt.
Es gibt aber auch Mutationen, die zu Intersexualität führen. Manche Menschen verfügen nur über ein X-Chromosom oder haben beispielsweise ein zusätzliches Y. So können Männer dann mit Eierstöcken geboren werden oder eine Frau mit Hoden.

Mehr Autoimmunerkrankungen

Daraus lässt sich schließen, dass die Kindersterblichkeit bei Buben höher ist als bei Mädchen. Doch es gibt auch eine Kehrseite der Medaille, nämlich Autoimmunerkrankungen. Das sind Erkrankungen, bei denen sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper richtet. Dazu gehören Krankheiten wie Multiple Sklerose, Schilddrüsenerkrankungen (Hashimoto), Rheuma oder Lupus. Zum Teil seien über 80 Prozent der Betroffenen weiblich.

Wie sich das bei transsexuellen und intergeschlechtlichen darstellt, ist derzeit Gegenstand von Altfelds Arbeitsgruppe. Dabei wird die Immunantwort vor und während der Hormoneinnahme beobachtet. "Vor allem bei trans Männern (Frauen, die zu Männern werden), die Testosteron nehmen, zeigen erste Ergebnisse, dass sich Teile der Immunantwort verändern", erklärt der Wissenschaftler. Dennoch gebe es sehr wenige detaillierte immunologische Untersuchungen zu Menschen mit anderen Chromosom-Konstellationen und intersexuellen Personen.